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Depth World Championship 2019

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Teilnehmer Apnoe WM 2019_01

Im kleinen Ort Villefranche-sur-Mer, der über steile Hänge verteilt in einer geschützten Bucht an der Cote d’Azur liegt, stand die Luft still. Es war heiß. Das Meer lag spiegelglatt vor einer Horde Freitaucher, die dabei waren letzte Trainingseinheiten zu absolvieren. Für das deutsche Team waren bei den Männer Jens Stoetzner, Cornelius Friesendorf, Arndt Steckenborn und Thomas Plum angetreten, bei den Frauen Jennifer Wendland, Grit Bünker-Wohlfahrt und Anna von Boetticher.

Etwas über einhundert Athleten wollten für das „official training“ ins Wasser und stellten die Organisatoren vor eine erste Herausforderung – in der brennenden Sonne kam es leider zu Wartezeiten von über zwei Stunden. Ein Problem für die Athleten, die unter diesen Umständen dehydrierten und ihre Energiereserven verloren.

Die Bedingungen jedoch waren schön. Kaum Strömung oder Wellengang sorgten für Ruhe an der mit 25°C deutlich warmen Oberfläche. Die nach unten kälter werdenden Sprungschichten bereiteten den deutschen Athleten keine Schwierigkeiten. „Kaltes Wasser macht mir nichts aus“ sagt Jennifer Wendland, die sich das Jahr über in Sharm El Sheikh am roten Meer vorbereitet hatte, „Im Gegenteil, in Ägypten ist es mir immer zu warm“.

Nachdem sie dieses Jahr mit gesundheitlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, war sie trotz allem zuversichtlich zur WM angereist, denn in der letzten Phase lief ihr Training gut – vor allem in der Disziplin ohne Flossen konnte sie stark zulegen. Doch die lange Wartezeit vor dem Trainingstauchgang machten ihr zu schaffen und schon am selben Abend holte sie erneut ein Fieberschub ein, so daß ihr nichts bleibt, als sich ins Bett zu verziehen und zu schonen. Zufriedener waren die beiden Neuzugänge Arnd Steckenborn und Thomas Plum, die die Gelegenheit nutzten Erfahrung zu sammeln, sich an die besondere Atmosphäre einer Weltmeisterschaft zu gewöhnen und taucherisch durchaus Fortschritte zu machen.

Die WM startete mit der Disziplin konstantes Gewicht ohne Flossen der Frauen, in der Jennifer Wendland mit 60m eine starke Tiefe angekündigt hatte mit der sie ihren eigenen deutschen Rekord von 57m überboten hätte. Leider konnte sie den erneuten Grippeschub nicht ganz überwinden und so kassierte sie für den Tauchgang, der deutlich innerhalb ihrer Fähigkeiten lag, an diesem bewölkten, kälteren Morgen eine rote Karte. Besser erging es Grit Bünker Wohlfahrt, die mit einer guten Leistung 40m tief tauchte. Anna von Boetticher, die den Sommer über ebenfalls mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte und sich daher stark einschränken mußte, hatte im letzten Moment beschlossen, diese Disziplin auszulassen.

An Tag zwei waren die Männer an der Reihe, ohne Flossen zu tauchen. Sie hatten Glück und starteten mit perfektem Wetter. Jens Stoetzner hatte die Herausforderung gewählt und mit 75m einen deutschen Rekord angekündigt. Leider zwangen ihn Probleme mit dem Druckausgleich zum vorzeitigen Umdrehen. Besser erging es Cornelius Friesendorf, der die WM 2017 in Honduras ausgelassen hatte aber hier mit einem 54m Tauchgang einen tollen Wiedereinstieg in die Wettkampfszene feiern konnte. Unter den Männern gab es in dieser Disziplin ungewöhnlich viele Schwierigkeiten mit einigen tiefen Blackouts – glücklicherweise ließen sich weder Arnd Steckenborn noch Thomas Plum davon beeindrucken. Die beiden Neulinge im Team tauchten 45 und 40m und konnten sich über solide weisse Karten freuen.

Für den Free Immersion Tag der Damen gab der Wetterdienst bereits im Vorfeld Sturmwarnung. Vorhergesagt war starker Wellengang, Wind, Regen und ein Temperatursturz. Bedingungen, die bei der Wahl der Tauchtiefe eine Rolle spielen müssen. Anna von Boetticher wählte mit 61m eine für sie extrem konservative Tiefe. „Die Wetterbedingungen sahen extrem schlecht aus. Da ich obendrein gesundheitlich nicht ganz angeschlagen bin und außerdem keine 100% Vertrauen in den Set-up und die Organisation des Sicherheitsteams habe, vor allem bei extremen Wetterbedingungen, ist für mich klar daß ich nur sehr weit innerhalb meiner Grenzen tauchen kann. Diese Art von Entscheidung zu treffen ohne ärgerlich zu sein gehört zum Sport dazu. Sicherheit steht an erster Stelle“ sagte sie. Ähnlich entschieden sich Grit Bünker-Wohlfahrt mit 58m und Jennifer Wendland mit 73m. Beide bleiben mit diesen Tiefen in ihren Ansagen deutlich unterhalb ihrer persönlichen Bestleistungen. „Ich muß einfach akzeptieren, daß ich nicht völlig auskuriert bin. Dazu kommt, daß unter den vorhergesagten Wetterbedingungen da draussen wirklich alles passieren kann. Ich bleibe also weit innerhalb meines sicheren Bereiches“ erklärte Jennifer.

Der Tag startete wie erwartet bewölkt, kühl und regnerisch. Trotzdem fühlte Jennifer Wendland sich sehr gut im Wasser. „Mein warm-up war richtig toll“ sagte sie. „Ich habe mich extrem wohl gefühlt. Es war dunkler, aber irgendwie ruhig und schön da draussen. Selbst als es anfing zu regnen, hat es mich nicht gestört. Ich war gerade fertig mit aufwärmen und bereit zu tauchen, als der Abbruch kam. Leider!“ Neben starkem Regen war extreme Strömung aufgekommen, die die Organisatoren zwangen, den Wettkampf abzubrechen und auf den letzten Tag zu verschieben.

Besser lief es für die Männer – unter schönsten Bedingungen konnten Arnd Steckenborn mit 55m und Cornelius Friesendorf mit 64m weiße Karten holen. Jens Stoetzner kämpfte immer noch mit blockierten Ohren und mußte erneut vor der erreichten Tiefe umkehren. „Das eine Ohr wollte sich einfach nicht ausgleichen lassen“ sagte er. „Schade, denn ich habe mich wirklich gut gefühlt!“

Für die Damen ging es am nächsten Tag ebenfalls bei perfekten Bedingungen ins Wasser, diesmal mit Flossen/Monoflosse. Jennifer Wendland hatte sich 83m vorgenommen, ein Tauchgang der ihren eigenen deutschen Rekord von 82m um einen Meter überboten hätte. Leider hing ihr die Grippe immer noch nach und vermasselte ihr den Druckausgleich, so daß sie gewzungen war., vorher umzudrehen. Anna von Boetticher blieb ihrem eigenschränkten Trainingszustand entsprechend bei konservativen 71m und auch Grit Bünker-Wohlfahrt setzte auf mit 58m auf eine sichere Tiefe. Beide konnten sich an einem schönen, sonnigen Tag über weiße Karten freuen.

Im Anschluß an den Wettkampf der Damen kam es beim täglichen Athleten-Briefing zu einer nie da gewesenen Situation: Pierre Frolla, der Chef der Sicherheitstaucher, drohte damit, sein Team abzuziehen falls die Japanerin Hanako Hirose ihre Goldmedaille für ihren Tauchgang in 101m behalten sollte, den sie knapp geschafft hatte. Es kam zu einer heftigen Diskussion um Regeln und Sicherheit, die  anschließend ebenso heftig auf den Social Media Plattformen weiter geführt wurde. Eine Situation, die die Stimmung unter den Athleten beeinträchtigte und nicht zu einem Gefühl von Vertrauen in die Organisation beitrug. Unter diesen Umständen gingen die Männer am nächsten Tag mit der Flosse an den Start. Arnd Steckenborn, der aus Zeitgründen schon am Tag zuvor an der Reihe war, tauchte mit 60m seine dritte weiße Karte und beendete seine erste WM mit einer wirklich starken Vorstellung. Cornelius Friesendorf wurde dieses mal von den typischen Druckausgleichproblemen der Apnoetaucher heimgesucht und mußte deutlich vor seinen angekündigten 73m umdrehen, während Jens Stoetzner diesmal mit 88m seine Tiefe erreichte. Leider ging der Tauchgang trotz allem nicht auf und er wurde mit einem kleinen Blackout disqualifiziert.

Am letzten Tag wurde der vom schlechten Wetter unterbrochene Free Immersion Wettkampf der Damen weitergeführt. Bei idealen Bedingungen konnten sich Jennifer Wendland, Anna von Boetticher und Grit Bünker-Wohlfahrt mit guter Stimmung gegenseitig unterstützen. Anna und Jennifer absolvierten ihre Tauchgänge ohne Schwierigkeiten, während Gritti eine Entzündung des äußeren Gehörgangs am Druckausgleich hinderte. „Macht nix“ sagte sie, „ich kämpfe schon damit, seit ich noch während der Trainingszeit hier ins Hafenbecken gefallen bin – ich bin froh, daß es bei den anderen Tauchgängen so gut geklappt hat!“ Jennifer Wendland, die trotz der Schwierigkeiten eine Trainingssaison mit starken neuen persönlichen Bestleistungen hatte, tauchte heute besonders entspannt. „Es hat einfach Spaß gemacht“ sagte sie. „Diesmal habe ich alle drei Farben mitgenommen! Nächste Saison geht es weiter. Ich freue mich darauf!“

Für viele der erfahrenen Athleten war es eine schwierige WM – das deutsche Team konnte seine gute Stimmung behalten und mit Thomas Plum und Arnd Steckenborn zwei Taucher begrüßten, die auch in Zukunft hoffentlich wieder dabei sein werden.

Vielen lieben Dank Anna für den netten Bericht!

German National Team Depth World Championship 2019

Hier der Link zu den offiziellen Ergebnissen:

https://events.aidainternational.org/EventRanking-2272

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